Prophetinnen im AT
Website: | Lernplattform ALP |
Kurs: | Propheten von biblischer Zeit bis heute |
Buch: | Prophetinnen im AT |
Gedruckt von: | Gast |
Datum: | Sonntag, 22. Dezember 2024, 16:02 |
Beschreibung
Informationen zu den Prophetinnen des AT
1. Hulda
Die Prophetin Hulda
Der Name Hulda, hebräisch חֻלְדָּה chuldāh, wird meist von חֶלֶד chælæd „Lebensdauer“. Eine Frau mit Namen Hulda wird nur in 2Kön 22,14-20 und 2Chr 34,22-28 erwähnt. An beiden Stellen trägt sie den Titel „Prophetin“ (נַבִיאָה nabî’āh). Die Angaben zu ihrer Person sind minimal: Sie ist die Frau des Schallum, des Kleiderverwalters des Königs, und wohnt im zweiten Stadtteil, der Neustadt Jerusalems. Eine zentrale Rolle spielt sie in der Erzählung von der Auffindung einer Schriftrolle im Rahmen der Restaurierung des Tempels unter König Josia und den Konsequenzen, die sich aus dieser Schrift ergeben. |
Die sieben Verse der Hulda-Erzählung (2Kön 22,14-20) gehören zur Darstellung der Regierungszeit des Königs Josia (2Kön 22,1-23,30). Er herrschte in Jerusalem 641-609 v. Chr. und gab in seinem 18. Regierungsjahr den Auftrag zur Renovierung des Tempels (624 v. Chr.). Im Rahmen dieser Arbeiten wird ein Buch bzw. eine Schriftrolle gefunden, die der Hohepriester Hilkija an den Schreiber Schafan weitergibt. Dieser bringt sie dem König und liest ihm den Inhalt vor. Die Reaktion des Königs ist erstaunlich: Er zerreißt seine Kleider. Dann beauftragt er den Hohenpriester Hilkija, den Schreiber Schafan und drei weitere Männer, JHWH wegen der Worte des Buches zu befragen. Er befürchtet nämlich Gottes Zorn, weil die Worte des Gesetzes in dem Buch seit langem nicht beachtet worden sind. Damit begründet er indirekt, warum er seine Kleider als Trauer- bzw. Bußritus zerrissen hat.
Die ernannte Delegation wendet sich an die Prophetin Hulda, wohl ohne ihr die Schriftrolle vorzulegen. Auch dem Leser wird nichts über den Inhalt der Schriftrolle mitgeteilt. In prophetischer Sprachtradition, ausgewiesen durch die dreimalige Botenformel, verkündet Hulda in einem zweiteiligen Orakel den Zorn JWHWs über die Stadt und ein friedliches Begräbnis für Josia, weil er sich vor JHWH demütig verhalten habe. Ihre Antwort wird dem König überbracht, der daraufhin den Ältestenrat, die Priesterschaft, die Propheten und die Bewohner Jerusalems zusammenruft und ihnen das gefundene Werk vorlesen lässt. Die weiterreichende Konsequenz ist eine Kultreform, mit der König Josia auf die Durchsetzung des Ersten Gebots vor allem im kultischen Bereich zielt.
Bis heute trägt ein zweiteiliges, im von außen sichtbaren Teil zugemauertes Tor in der herodianischen Südmauer der Tempelumfassung den Namen Huldator. Er wird zuweilen auf das 80 m weiter östlich gelegene ganz zugemauerte Dreiertor ausgeweitet. Im Gefolge jüdischer Tradition wird der Name mit der Prophetin Hulda in Verbindung gebracht. |
Aus: http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/21598/ , von Monika Müller, (erstellt: Juni 2008)
Link zum Originaltext: hier
Abb. 1 Hulda: Israelische Briefmarke (1984)
Abb. 2 Die herodianische Mauer des Tempelbezirks und die El-Aksa-Moschee. © Deutsche Bibelgesellschaft, StuttgartAbb. 3 Die zugemauerten Huldatore: das zweiteilige westliche und das dreiteilige östliche.(© public domain; Foto: Thomas Hieke, 2010)
2. Mirjam
Die Etymologie des hebräischen Namens Mirjam (מִרְיָם mirjām; griech. mariam; lat. Maria) ist unsicher. Alte Traditionen sehen eine Verbindung aus jām„Meer“ mit „Myrrhe“ („Meeresmyrrhe“) oder auch „Stern“ („Meeresstern“). Etymologisch gesehen handelt es sich möglicherweise um einen Fremdnamen, der aus ägyptisch mrj „lieben“ und dem Gottesnamen „Amun“ gebildet ist und „Geliebte des Amun“ bedeutet.
Als Prophetin tritt Mirjam explizit nur in Ex 15,20-21 auf, wo sie Israels Erfahrung von der Teilung des Meeres deutet. Sie hat dabei dieselbe Aufgabe wie Mose, der ebenfalls die Ereignisse besingt.
Als sie zusammen mit Aaron die alleinige Autorität Moses als Prophet in Frage stellt (Num 12,2) bekommt sie Aussatz. erinnert an die Frage der Autorität zur Gesetzesauslegung und -lehre und erinnert an Mirjams Aussatz. Dieser Aussatz Mirjams ist im Sinne all jener Krankheiten zu verstehen, die als Strafe für Auflehnung gegen Autoritäten auftreten. Später wird Mirjam jedoch wieder geheilt und bleibt Prophetin neben Moses.
Num 20,1 erzählt vom Tod Mirjams in Kadesch und der anschließenden Todesangst des Volkes sowie dem daran anschließenden Versagen der Führungselite Mose und Aaron: Mose und Aaron versagen nach Mirjams Tod und dürfen das Volk nicht weiter ins Land führen (Num 20,12). Mirjam und das, wofür sie steht, sind in Israel unverzichtbar. Diese positive Sicht Mirjams und ihres Anliegens vertritt auch Mi 6,4, der einzige Text eines prophetischen Buches, der an Mirjam erinnert: Sie wurde gemeinsam und gleichbedeutend mit Mose und Aaron von Gott geschickt, um das Volk aus dem Sklavenhaus zu führen.
Als Schwester Aarons wird Mirjam vorgestellt. Der Geschwistertitel ist aber nicht biologisch misszuverstehen, sondern als Rangordnung: Sie wird als Schwester den beiden Brüdern gleichgestellt.
Moses Schwester tritt auch in Ex 2,4-10 (Geburtsgeschichte des Mose) auf. Sie rettet ihn, d.h. Mirjam war zu Beginn des Lebens Moses lebenswichtig für ihn und ist es auch für seine politische und religiöse Rolle beim Auszug aus Ägypten.
aus: http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/27817/ von Ursula Rapp, Jan. 2007
Titelanimation: erstellt mit http://textanim.com/
3. Debora
Die Prophetin Debora
Debora (hebr. דְּבוֹרָה dəvôrāh) bedeutet „Biene“. Das Alte Testament kennt drei Frauen dieses Namens: Die erste im Kanon ist die Amme der Rebekka. Die bekannteste ist die Prophetin und Richterin des Richterbuches(Ri 4,4-10.14; Ri 5,1.7.12.15). Nur kurz genannt wird dagegen die Großmutter Tobits (Tob 1,8).
Als Sisera, der Heerführer Jabins, König von Kanaan, Israel mit Gewalt 20 Jahre lang bedrängt, ziehen die Israeliten zu Debora zur Rechtssprechung. Debora fordert daraufhin mittels der zitierten Rede JHWHs (Ri 4,6-7) Barak auf, Israel für den Kampf zu rüsten, und zieht auf dessen Bitte hin mit ihm an den Ausgangspunkt des Gefechts auf den Berg Tabor. Die Schlacht wird geschlagen und der militärisch hochgerüstete Feind u.a. durch den Totschlag Siseras durch Jaël vollständig vernichtet. Für Israel kehrt daraufhin für 40 Jahre Ruhe ein.
In diese Kriegs- und Rettungserzählung wird Debora an erster Stelle als Frau, ferner als Prophetin, die in Israel richtend tätig ist, sowie als Frau des Lappidot eingeführt. In Verbindung mit Ri 5 wird sie als Sängerin, militärische Führungsgestalt, Kriegerin wie auch als Mutter charakterisiert.
Debora ist die einzige Frau unter den Richtern des Richterbuches und sie ist die einzige im AT, die Prophetin und Richterin zugleich ist. In Ri 4 nimmt sie eine Mittlerfunktion zwischen den Menschen und Gott ein, wie dies ProphetInnen tun. Diese rufen Gott an, sprechen in Gottes Namen und werden in Notsituationen als Ratgebende und für Hilfeleistungen angefragt. Debora erfüllt ihre prophetische Funktion: Sie steht in Kontakt mit Gott, da sie seine Anweisungen ausspricht; sie befiehlt Barak bzw. lässt ihn zu sich rufen; sie spricht die Aufforderung zum Kampf aus und sichert Barak ihre Begleitung und damit den Beistand Gottes zu; sie erteilt durch die zitierte Rede JHWHs eine Siegeszusage und lässt dadurch Gott zu Wort kommen. Im gesamten Text übernimmt sie die Funktion des Sprechens des Wortes Gottes und wird somit dem Gleichklang ihres Namens „Debora“ mit dem hebräischen Begriff für Wort (דבר dabar) vollens gerecht. Denn das Wort – im Namen und Auftrag Gottes – ist jenes Medium, durch welches ProphetInnen in der Bibel in die Öffentlichkeit gehen. Als „Frau des Wortes“ erweist sie sich als „Verbindungsglied zwischen Gott und der Situation ihrer Zeit“ und wirkt entschlossen, klar und zielgerichtet, vor allem auch im Gegenüber zu Barak, der in ihrer Gegenwart verblasst und im Dunkeln bleibt.
aus: http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/16245/ von: Sigrid Eder, Juli 2009
Bildquelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:Biene_beim_Pollensammeln_auf_L%C3%B6wenzahn.JPG, Ausschnitt, gemeinfrei